Es ist kein einfaches Leben, das Tilda führt. Im Gegensatz zu ihren ehemaligen Mitschülern hat sie die Kleinstadt in der sie lebt nach dem Abitur nicht verlassen, um ihre kleine Schwester Ida nicht mit der alkoholkranken Mutter alleine zu lassen. Sie studiert Mathematik, steht kurz vor ihrer Masterarbeit und jobbt nebenher im Supermarkt an der Kasse. Als sie ein Angebot bekommt in Berlin zu promovieren, wagt sie erstmals, von einer unabhängigen Zukunft außerhalb dieser vorgegebenen Strukturen zu träumen. Aber diese Möglichkeit stellt Tilda vor das Problem, ihrer Verantwortung gegenüber Ida nicht gerecht werden zu können. Um aus dem Chaos, das ihr Elternhaus verursacht zu fliehen, schwimmt
sie täglich ihre 22 Bahnen im örtlichen Schwimmbad. Das Gefühl der Leichtigkeit, das sie dabei erfährt, ermöglicht ihr kurze Momente, in denen sie losgelöst von allen Problemen einfach sie selbst sein kann. Dort haben Wut, Trauer und Angst einen Platz. Eines Abends schwimmt plötzlich Viktor neben ihr und Tildas „geordnetes Leben“ gerät mehr als nur ein bisschen durcheinander.
Caroline Wahl ist hiermit ein sehr lesenswertes Debüt gelungen. Trotz des schweren Themas Alkoholismus ist „22 Bahnen“ kein trauriges Buch, sondern vielmehr eines, das mitten ins Herz trifft und zeigt, wie und wo das Glück zu finden ist; irgendwo zwischen Verantwortung und der Möglichkeit die eigenen Ziele zu verwirklichen.
Caroline Wahl: 22 Bahnen, Dumont Verlag, 22 €
Die 14-jährige Billie verbringt die meiste Zeit in ihrer Hochhaussiedlung. Am Monatsende reicht das Geld nur für Nudeln mit Ketchup, doch ihre Mutter Marika bringt mit Fantasie und einem großen Herzen Billies Welt zum Leuchten. Dann reist unerwünscht die Großmutter aus Ungarn an, und Billie verliert viel mehr als nur den bunten Alltag mit ihrer Mutter. Als sie Marika keine Fragen mehr stellen kann, fährt Billie im alten Nissan allein los - sie muss den ihr unbekannten Vater finden und herausbekommen, warum sie so oft vom Meer träumt, obwohl sie noch nie da war.
"Dieser Roman ist ja auch ein kleines Wunder. Auf jeden Fall aber eine große Überraschung" (Claudio Armbruster, ZDF heute journal). Dieser Meinung können wir uns nur anschließen. Die Autorin selbst berichtet: "Wer mutig ist, glaubt an sich und gibt sich selbst einen Vertrauensvorschuss (Elena Fischer im Interview auf dem Diogenes Blog).
Ihr Mut dieses Buch zu schreiben wurde belohnt, sie ist damit für den Deutshen Buchpreis 2023 nominiert.
Elena Fischer : Paradise Garden, Diogenes, 23 €
Die junge Floristin Frieda wächst in den Sechzigerjahren in einem streng katholischen Umfeld auf. Als sie an einem späten Winternachmittag einen zugefrorenen Fluss betritt, weiß sie nicht, dass sich gleich alles für sie verändern wird. Auf dem Eis trifft sie den verheirateten Otto. Sie erleben eine Liebe, die stürmisch beginnt und schicksalhaft endet: Frieda wird schwanger - ein Skandal in der Welt, in der sie sich bewegt. Und so darf sie ihrem heimlichen Kind nie Mutter sein. Jahrzehntelang behält sie die Erinnerungen an diese Episode ihres Lebens für sich. Doch die Trauer um das verlorene Kind bleibt, trotz der späteren Heirat, trotz des Sohns, den sie noch bekommt. Im Alter von einundachtzig Jahren ist Frieda plötzlich wieder allein. Der stille Kummer kehrt mit Wucht zurück. Erst da wagt sie, sich ihrer Geschichte zu stellen - und sie zu teilen.
Jaap Robben findet in seinem Roman einen einfühlsamen und zarten Ton für ein menschliches Drama, und erinnert sehr zu Recht daran, dass die Geburt eines Kindes noch vor einigen Jahrzehnten in einer Tragödie enden konnte, wenn sich die Mutter nicht an gesellschaftliche Regeln hielt.
Jaap Robben: Kontur eines Lebens, Dumont Verlag, 24 €
In ihrem Schwimmbad fühlen sie sich zu Hause, hier können sie bei ihren täglichen Bahnen ihre Sorgen hinter sich lassen: Designer, Nonnen, Hundesitter, Veganerinnen, Polizisten, Professorinnen, Schauspieler. Bis eines Tages ein Riss erscheint - am Beckengrund, aber auch im Gedächtnis von Alice, die genau wie die anderen hier im Schwimmen stets Trost und Halt gefunden hat. Während sie bald nur noch in bruchstückhaften Erinnerungen schwimmt, versucht ihre Tochter, sich in ihre Mutter hineinzuversetzen, ihr Verhältnis zueinander neu auszuloten und Alice' Leben Sinn und Zusammenhang zurückzugeben. Aus so unterschiedlichen wie verblüffenden Perspektiven und mit unvergleichlichem Gespür für das Komische im Tragischen schreibt Julie Otsuka über Liebe und Verlust, Trauer und Erinnerung, Mütter und Töchter und die große Frage, was wir unseren Eltern schuldig sind.
Ein ganz besonderes schönes Buch!
Julie Otsuka: Solange wir schwimmen, Mare Verlag 22 €
Leonard und Paul sind allerbeste Freunde. Während Paul als Ghostwriter Kinderenzyklopädien verfasst, arbeitet Paul als Aushilfspostbote. Das Leben der beiden verläuft in ruhigen, wohlgeordneten Bahnen - bis jedem von ihnen etwas widerfährt, das eine ganze Reihe von Veränderungen in Gang setzt. Im Mittelpunkt des Romans stehen zwei Menschen, die scheinbar aus der Zeit gefallen sind. Ein bisschen spleenig aber mit einem großen Herz. Wir tauchen ein in ein Buch, dessen Geschichte zunächst völlig unspektakulär daherkommt, aber uns direkt einnimmt und mit der Erkenntnis zurücklässt, dass es gut ist, anders sein zu dürfen.
Leonard und Paul - ein bezauberndes Buch voller kleiner Weisheiten. Unbedingt lesen!
Rónán Hession: Leonard und Paul, Woywod & Meurer, 26 €
Iola, Colorado 1948. Die 17-jährige Victoria Nash lebt mit ihrem Vater und den Brüdern auf einer Pfirsichfarm am Gunnison River. Es ist ein harter Alltag in völliger Abgeschiedenheit umgeben von Wildnis und Natur. Ihr Leben verändert sich schlagartig, als sie Wilson Moon kennen und lieben lernt. Der junge Herumtreiber mit indigenen Wurzeln ist in der Kleinstadt nicht gerne gesehen und so kommt es zu einer Tragödie, die Victoria zwingt in die Wildnis zu fliehen, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Victorias Geschichte erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Immer wieder erfährt sie Verluste, die sie prägen, aber nicht aufgeben lassen. Und so wie diem Bewohner des Ortes Iola im Gunnison Valley seinerzeit für ein umfassendes Stausee Projekt ihre Heimat verlassen mussten, beginnt auch sie ein neues Leben an einem anderen Ort. Mit demm Neubeginn lässt sie alle negativen Erfahrungen hinter sich. Auch die Pfirsichbäume, die mit ihr umsiedeln nehmen die neue Heimat an. „So weit der Fluss uns trägt“ ist ein Roman über eine starke Frau, die trotz aller Widrigkeiten und Rückschläge in ihrem Leben niemals den Mut verliert, immer wieder aufsteht und an das Unmögliche glaubt. Es ist aber auch eine Hommage an die unberührte Natur Colorados rund um den Gunnison River. Das gelingt Shelley Read auf so beeindruckende Weise, dass es nicht verwundert zu erfahren, dass sie über ihre Heimat schreibt.
Shelley Read, so weit der Fluss uns trägt – C. Bertelsmann, 24 €
Angela, Evelyn und Nancy haben als Frauen, Töchter und Mütter unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Angela ist 2017 nach langer Kinderwunschbehandlung endlich schwanger und umso ergriffener, als sie den Brief einer unbekannten Frau an ihre Tochter findet, der ein wichtiges Geständnis enthält und offenbar nie zugestellt wurde. Während sie nach der rechtmäßigen Empfängerin sucht, stößt Angela auf Evelyn, die im Toronto der 1970er Teil des illegalen Abtreibungsnetzwerks »Jane« war. Evelyn möchte als Ärztin anderen Frauen die Wahl ermöglichen, die sie selbst nie hatte: Sie wurde in einem Heim für unverheiratete Mütter gezwungen, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Auch Nancy stößt 1981 in einer Zeit der Haltlosigkeit zu den Janes. Durch ihr Aufeinandertreffen finden die drei Frauen Beistand - und langersehnte Antworten. Heather Marshall ist hiermit ein mutiger Roman über drei Frauen, und ihren Kampf für selbstbestimmte Mutteschaft, gelungen.
Heather Marshall: Frag nach Jane, Arche Verlag, 24 €
Ildingen, 1950er Jahre. Evelyn Borowski hat alles, was sie sich je erträumt hat: Ein Eigenheim mit Garten, einen fürsorglichen Mann und das lang erwartete Töchterchen Silvia. Trotzdem ist sie nicht glücklich: Sie vermisst ihren Beruf als Ärztin und fühlt sich fremd und allein in dieser süddeutschen Kleinstadt. Betti, Ihre Freundin und Schwägerin, ist unverheiratet und kümmert sich deshalb um die Eltern. Mit losem Mundwerk und rasantem Fahrstil sorgt sie für reichlich Ärger.
1989, in Berlin liegt Aufbruch in der Luft. Silvia Borowski aber macht einen Schritt zurück. In einem geklauten Polo fährt sie Hals über Kopf Richtung Süden. Neben ihr die erst wenige Wochen alte Tochter Hannah. Was erwartet sie in ihrem Heimatort, aus dem Silvia vor vielen Jahren überstürzt geflohen ist? Ist sie stark genug, sich der Vergangenheit zu stellen?
Jetzt erzählt die Autorin, des Romans "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid" eine berührende Mutter-Tochter-Geschichte, die von der Last jahrzehntelangen Schweigens erzählt, und wieviel Mut es braucht, um dieses zu brechen. Ein außergewöhnlicher Familienroman, der einen Bogen von der Nachkriegszeit bis zur Wende spannt und in dem es auch darum geht, wie Frauen aller Generationen mit dem Muttersein hadern.
Alena Schröder: Bei euch ist es immer so still, DTV, 24 €
Vom ersten Moment an wissen Clara und Elias, dass sie füreinander bestimmt sind. Damit ändert sich alles: Elias kann nicht länger verdrängen, dass er mit seiner Freundin in einem falschen Leben steckt. Und für Clara wird es Zeit, das Alleinsein aufzugeben. Auf das wilde Glück der Anfangszeit folgt die erste Bewährungsprobe, und die beiden zweifeln und kämpfen mit- und umeinander. Kann man, nicht mehr ganz jung und beladen mit Lebenserfahrung, noch einmal oder überhaupt zum ersten Mal die große Liebe finden?
Ewald Arenz arbeitet als Lehrer an einem Gymnasium in Nürnberg. Seine Romane und Theaterstücke sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. Mit 'Alte Sorten' (DuMont 2019) stand er auf der Liste »Lieblingsbuch der Unabhängigen« 2019 und sowohl als Hardcover wie als Taschenbuch auf den SPIEGEL-Bestsellerlisten. Sein Roman 'Der große Sommer' (DuMont 2021) war 2021 »Lieblingsbuch der Unabhängigen«.
Mit seinem neuen Buch hat er den Weg an die Spitze der Bestsellerlisten schon angetreten, und auch hier beweist er, was er am Besten kann: sehr fein beobachten!
Ewald Arenz: Die Liebe an miesen Tagen, Dumont, 24 €
Doreen Cunningham kennt sich mit Walen aus. In Wales geboren, berichtete die ausgebildete Umweltingenieurin jahrelang als Journalistin für die BBC. Als ihr Leben 2012 komplett auf den Kopf gestellt wurde, lebte sie mit ihrem damals 1 jährigem Sohn Max in einem Wohnheim für alleinerziehende Mütter auf der Insel Jersey. Ihre ganzen Ersparnisse hatte sie in einem erbitterten Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann aufgebraucht. An diesem Tiefpunkt angelangt versucht sie nach vorne zu schauen, aber auch zurück auf ihr Leben. Ihr Traum ist es, erneut in die Arktis zu reisen, wo sie vor langer Zeit Wale
beobachtet hatte. Gemeinsam mit ihrem Sohn Max möchte sie den Riesen der Ozeane wieder näher kommen. Ein Kredit ermöglicht ihr ihren Plan, Grauwal-Mütter von der Baja California vor der Küste Mexikos aus, wo sie ihre Jungen zur Welt bringen und vier Monate lang groß ziehen, bevor sie sich zurück auf die Reise vor die Küste Alaskas machen, zu begleiten.
Diese Reise entlang der Westküste Nordamerikas ist dabei auch eine Reise zurück in die Vergangenheit. Schon als Kind war Doreen Cunningham fasziniert vom Meer und der Wasserwelt. Eine Leidenschaft, der sie später auch beruflich weiter nachgeht, als sie sich im Auftrag der BBC einer Gruppe einheimischer Walfänger anschließt. Aus anfänglicher Skepsis bei den Walfängern, entwickelt sich eine innige Freundschaft und sie lernt viel über das Leben der Inupiaq, vor allem darüber, wie sie lebten, bevor die Europäer kamen und wie sie durch eigeschleppte Krankheiten, Alkohol- und Drogenmissbrauch fast ausgerottet wurden.
Der Gesang in den Meeren ist ein eindrucksvolles und sehr vielschichtiges Buch, eine Mischung aus persönlichen Erinnerungen, spannendem Reisebericht und einer ausführlichen wissenschaftlichen Dokumentation. Es sensibilisiert für das ThemaUmweltschutz, zeigt auf, dass die Folgen des Klimawandels und der Meeresverschmutzung schon jetzt unübersehbar sind und ganz nebenbei erfahren wir hier mehr über das faszinierende Leben der Grauwale, als in vielen Büchern oder Fernsehdokumentationen.
Doreen Cunningham: Der Gesang in den Meeren, Rowohlt, 23 €
Der lang erwartete dritte Roman von Bestsellerautorin Dörte Hansen.
Woher kommt unsere Liebe zum Meer und die ewige Sehnsucht nach einer Insel?
Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, und von Aufbruch und Befreiung.
Dörte Hansen: Zur See, Penguin Verlag, 24 €
Elena und Armand begegnen sich bei einem Yogakurs in Barcelona. Sie kennen sich kaum und sind doch bald einander größter Halt. Zusammen verschwindet auf einmal die Distanz, die sie zwischen sich und der Welt empfinden. Zusammen fühlen sie sich schwerelos. Und trotzdem dauert es nicht lang, bis die lauten und leisen Katastrophen der vergangenen Jahrzehnte in ihre Beziehung einbrechen. Die Zweifel und Widerstände. Da ist der Ehemann, über den Elena schweigt. Der Sohn, von dem sich Armand entfremdet hat. Werden Elena und Armand sich die Freiheit nehmen, das Glück in seiner ganzen Fülle auszukosten?
Maria Barbal ist eine der einflussreichsten und erfolgreichsten Stimmen der katalanischen Literaturszene. Geboren 1949 in den Pyrenäen, lebt und schreibt die mehrfach preisgekrönte Autorin heute in Barcelona. Ihr Debüt »Wie ein Stein im Geröll«, in 16 Sprachen übersetzt, gilt als moderner Klassiker.
Auch ihr jüngster Roman »Die Zeit, die vor uns liegt« begeistert Leser:innen und Presse und auch von uns gibt es eine eindeutige Leseempfehlung.
Maria Barbal: Die Zeit, die vor uns liegt, Diana Verlag, 22 €
Zeljko, der von allen »Jimmy« genannt wird, ist fünfzehn, als er sich in Martha verliebt. Sie ist Professorin in Heidelberg, er lebt mit seinen Eltern und Geschwistern zu fünft in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Martha hat, was Zeljko sich sehnlichst wünscht: Bücher, Bildung und Souveränität. Mit Martha besucht er zum ersten Mal ein Theater, sie spricht mit ihm, wie sonst niemand mit ihm spricht. Mit Marthas Liebe wächst Zeljkos Welt. Doch welche Welt ist es, die er da betritt und wen lässt er dafür zurück? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Begehren und Ausbeutung?
Ein zärtlicher und mitreißender Roman über Machtverhältnisse und über die Frage nach dem Gleichgewicht der Welt.
Martin Kordic: Jahre mit Martha, S. Fischer Verlag, 24 €
»Alle wirken innerlich blitzblank, nur in unserem Inneren sieht es aus wie bei Hempels unterm Sofa«, denkt sich Kioskbesitzer Armin, als er vergeblich versucht, erfolgreich zu meditieren. Und auch im Inneren der anderen Figuren dieser literarischen Kolumnen herrscht Unordnung: Frau Wiese kann nicht mehr schlafen, Herr Pohl ist nachhaltig verzagt, Lisa hat ihren ersten Liebeskummer, Vadims Hände zittern, Frau Schwerter muss ganz dringend entspannen, ein trauriger Patient hat seine Herde verloren, und Psychoanalytiker Ulrich legt sich mit der Vergänglichkeit an.
Kummer aller Art plagt die Menschen, die sich, mal besser, mal schlechter, durch den Alltag manövrieren. Aber der Kummer vereint sie auch, etwa, wenn auf Spaziergängen Probleme zwar nicht gelöst werden, aber zumindest mal an die Luft und ans Licht kommen. Klug, humorvoll und mit großem Sinn für Feinheiten und Absurditäten porträtiert Mariana Leky Lebenslagen von Menschen, denen es nicht an Zutraulichkeit mangelt, wohl aber am Mut zur Erkenntnis, dass man dem Leben nicht dauerhaft ausweichen kann.
Die in 'Kummer aller Art' versammelten Texte erschienen erstmals als Kolumnen in Psychologie Heute.
Unser Fazit: Absolut lesenswert!
Mariana Leky: Kummer aller Art, Dumont, 22 €
Anfang des 20. Jahrhunderts: Conxa verlässt mit dreizehn Jahren ihre Familie, um auf dem Hof ihrer kinderlosen Tante zu arbeiten. Das Leben in dem katalanischen Bergdorf ist entbehrungsreich, geprägt von den Rhythmen der Natur und festen Traditionen. Als sie ihre große Liebe Jaume heiratet und drei Kinder bekommt, erfährt Conxa ein bescheidenes Glück. Doch trotz der Abgeschiedenheit der Pyrenäen hält der Spanische Bürgerkrieg Einzug in ihre Welt und reißt Conxa mit sich wie einen Stein im Geröll.
»Mit diesem Roman wollte ich einem der vielen namenlosen Menschen eine Stimme geben, die von der Geschichte mitgerissen wurden.« Maria Barbal
Maria Barbal: Wie ein Stein im Geröll, Diana, 12 €
England im Jahr 1946. Der sechzehnjährige Robert empfindet eine tiefe Sehnsucht nach dem Meer. Er begibt sich auf eine Wanderung, bevor er seiner Bestimmung, wie schon sein Vater unter Tage zu arbeiten, folgen soll. Einmal möchte er das Meer sehen und erleben.
Als er bereits einige Tage unterwegs ist und die Küste schon sichtbar ist, trifft er auf Dulcie, die dort mit Ihrem Hund in einem heruntergekommenen Cottage lebt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus einem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben.
Als Dank für Ihre Großzügigkeit bietet Robert seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet Dulcie ihm dieses. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.
Offene See ist eine wunderbare in ruhigen und poetischen Tönen erzählte Geschichte rund um die Frage, wer man ist und wer man sein will. Ein Roman voller Naturbeschreibungen, tiefgründiger Charakterisierungen und einer Geschichte, die sehr berührt.
Benjamin Myers: Offene See, Dumont, 12 €
Mariana Leky kann zaubern. Über die Lektüre ihres Romans „Was man von hier aus sehen kann“ wirken ihre Kräfte vollkommen unabhängig von Geschlecht, Alter oder literarischer Bildung im tiefsten Inneren eines Menschen. Ein breites Lächeln, gerundete Augen, die Körpersprache seliger Versunkenheit sind nur äußere Symptome, drei von vielen.
Haben wir je zuvor ein solches Buch in deutscher Sprache lesen dürfen? Eines, das alle verzückt, auch die schärfsten Kritiker des Feuilletons? Das in einem Dorf in tiefer Provinz die ganze Welt abbildet und hier die großen Themen ausbreitet, das Leben, das Sterben und vor allem die Liebe, die nahe und die ferne, die unerreichbare und die sich erfüllende? Das immer wieder ein Okapi als Todesboten in die Träume von Großmutter Selma entsendet und den magischen Realismus im Westerwald neu beheimatet? Das vom Wunder des Menschseins erzählt, indem es über ein Vierteljahrhundert seine Dörfler begleitet, ein jeder ausgeprägt individuell bis extrem skurril, aber vorbehaltlos liebenswert? Das weiß, dass alles eins ist und „die unbedingte Anwesenheitspflicht im eigenen Leben“ einfordert?
Das, nachdem die letzte Seite gelesen ist, mit seinem Charme, seiner Fantasie, seinem Witz und seiner Originalität unwiderstehlich dazu verführt, sofort nochmals von vorne zu beginnen?
Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann, DuMont Verlag, 12 €
Ein lustig-turbulentes Abenteuer über Freundschaft, Familienbande und einen wunderbaren Sommer.
Karlchen ist der hilfsbereiteste Mensch, den man sich vorstellen kann. Doch manche Leute wollen sich einfach nicht von ihr helfen lassen. Wie die beiden Stadtkinder Alban und Pippa, die auf Karlchens Bauernhof Ferien machen. Die haben nämlich Angst vor Tieren. Aber mit einem Eimer voller Stinkkäfer und Umberto, dem freundlichsten Hängebauchschwein der Welt, müsste das doch zu ändern sein! Leider geht Karlchens Hilfsaktion schief. Und Mama hält das Ganze auch noch für einen fiesen Streich, was bedeutet: Karlchen muss im Wäschezimmer Socken sortieren. Dabei hat Karlchen gleich die nächste Idee, wie sie Alban und Pippa helfen kann. Und diesmal klappt es bestimmt!
Ein wunderschönes Vorlesebuch ab 5 Jahren mit farbenfrohen Bildern auf jeder Seite.
Lisa-Maria Dickreiter, Andreas Götz: Karlchen hilft allen, ob sie wollen oder nicht, Arena, 16 €
Vor Island setzt Seehund Minik seine Reise fort, mit einem neuen Freund an der Seite: Puffling, dem Papageitaucher. Gemeinsam folgen sie weiter dem geheimnisvollen Klang, der sie in die Arktis führt. Von den Tieren dort lernt Minik, dass das ewige Eis gar nicht mehr so ewig ist. Schmelzende Gletscher und schwindende Eisflächen werden schnell zur Gefahr. Doch im Schein der Polarnacht stoßen Minik und Puffling auch auf viele faszinierende und uralte Wesen - und schließlich ist es der Seehund, der zum mutigen Retter wird ...
Aufregende Abenteuer, erstaunliche Wunder der Natur und das spannende Leben der Tiere - diese Kinderbuchreihe entführt Mädchen und Jungen ab 8 Jahren in die verschiedenen Lebensräume der Erde. Ob im tiefen Meer, im dichten Wald oder in der Savanne: In diesen Geschichten erleben Tiere schöne und zugleich bewegende Abenteuer.
Antonia Michaelis: Minik - Der ruf der Arktis, Loewe, 11,95 €
Alle Bände dieser Reihe:
Band 1: Das geheime Leben der Tiere (Ozean) - Minik - Aufbruch ins weite Meer
Band 2: Das geheime Leben der Tiere (Ozean) - Minik - Der Ruf der Arktis
Das kleine Grizzly-Mädchen Scout wird von ihrer Mama getrennt und schlägt sich fortan allein durch. Bis zum Winter muss sie wachsen und ein echter Grizzly werden! Sie heftet sich an die Fersen eines gigantischen alten Männchens und lernt heimlich von ihm: welche Pflanzen Heilkräfte haben, wie man Eichhörnchen beklaut und wo die Wilden Wasser warten. Es ist der Beginn einer abenteuerlichen und gefährlichen Reise - und einer unwahrscheinlichen Freundschaft. Doch schon bald färben sich die Blätter und die Stunde der Wahrheit naht ...
Aufregende Abenteuer, erstaunliche Wunder der Natur und das spannende Leben der Tiere - diese Kinderbuchreihe entführt Jungen und Mädchen ab 8 Jahren in die verschiedenen Lebensräume der Erde. Ob im tiefen Meer, im dichten Wald oder in der Savanne: In diesen Geschichten erleben Tiere schöne und zugleich bewegende Abenteuer.
Vanessa Walder: König der Bären, Loewe, 9,95 €
Alle Bände dieser Reihe:
Band 1: Das geheime Leben der Tiere (Wald) - Die weiße Wölfin
Band 2: Das geheime Leben der Tiere (Wald) - König der Bären
Ein verwunschenes Haus, direkt an einem einsamen See. Hier verbringt Greta die letzten Tage der Sommerferien. Gemeinsam mit ihrer Mutter und deren Freundin Jella, die hier mit ihren beiden Kindern wohnt, seit sie aus Kenia zurückgekehrt ist. Aber Jonah, der etwa in Gretas Alter ist, scheint sich nicht im Mindesten über ihren Besuch zu freuen und verschwindet immer wieder. Hängt das mit dem Boot zusammen, das mehrmals auf dem See treibt, obwohl es gut am Steg vertäut war? Nach und nach erfährt Greta, was sich hinter all dem verbirgt und lernt, was es heißt, als unerwünschte Fremde in der Dorfgemeinschaft zu gelten. Vor allem aber erkennt sie, dass nicht nur sie mit Ausgrenzung zu kämpfen hat. Ein feinfühliger Roman über einen Sommer, der alles verändert.
Sigrid Zeevaert: Greta, Tulipan, ab 11 J., 15 €
Es sollte ein Scherz sein, als einige Mitschüler Ambrosius eine Erdnuss in sein Pausenbrot schmuggeln. Ambrosius überlebt einen allergischen Schock, bei seiner Mutter, jedoch wirkt das Ereignis stärker nach: Ab sofort bekommt Ambrosius zu Hause Fernunterricht. Doch lange währt die traute Einsamkeit nicht. Von seiner Mutter in Sicherheit gewähnt, freundet sich Ambrosius mit Cosmo an - dessen Vergangenheit ... na ja, nicht ganz lupenrein ist. Cosmo sorgt mit einigen Unternehmungen für Abwechslung im tristen Fernschulalltag, im Gegenzug hilft Ambrosius dem unsterblich verliebten Cosmo, die faszinierende Amanda zu erobern. Ambrosius' Doppelleben klappt wie am Schnürchen - doch als ein früherer Kumpel von Cosmo auftaucht, ist die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten.
Ein großartiges Lesevergnügen von Susin Nielsen, für alle a 11 J., gewohnt witzig, tiefgründig, lebensnah und voller Menschen, die man einfach gernhaben muss!
Susin Nielsen: Peanuts und andere Katastrophen, Urachhaus, 20 €
Der dreizehnjährige Elias hat sein halbes Leben lang auf ein Spenderherz gewartet.
Endlich ist es soweit. Doch als er nach der Herztransplantation aufwacht, steht ein unbekannter Junge neben seinem Bett. Elias ist der Einzige, der ihn sehen kann. "Du hast mein Herz", sagt der Junge. Und er hat eine Mission für Elias, die diesen vor eine große Aufgabe stellt ...
Eine berührende Geschichte, ab 12 J., über eine außergewöhnliche Freundschaft und den Mut das eigene Leben in die Hand zu nehmen.
Brenda Heijnis: Skaterherz, Mixtvision, 16 €
Verfolgungsjagd mit Love-Story: Diese Liebe ist nicht von dieser Welt! Wie von einem anderen Stern knallt Henny in Pongers Leben. Sie treffen sich in der S-Bahn, lesen das gleiche Buch und machen einen Deal: Sie gibt sich ein paar Tage als seine Freundin aus und er soll ihr helfen, wieder in ihr altes Leben zurückzukehren. Doch warum werden sie auf einmal von Leuten in Anzügen verfolgt, die eine Menge komische Fragen stellen? Nach und nach merkt Ponger, dass dies keine normale Lovestory ist. Werden sie es gemeinsam schaffen? Temporeich erzählt Nils Mohl eine außergewöhnliche Liebesgeschichte mit Retrofeeling voll im Hier und Jetzt. Eine Geschichte zweier sympathischer Helden, die im Universum nach sich selbst suchen.- Wer will schon ein normales Teenager-Leben? Stattdessen: 1. Liebe, Verfolgungsjagd und Geheimnisse. Ein spannender Jugendroman ab 14 J., der uns auf eine Reise mit überraschendem Ausgang mitnimmt.
Nils Mohl: Henny & Ponger, mixtvision, 18 €
Ricard, Franzose, Sohn eines Philosophen und einer Malerin, Neffe des ersten Einarmumseglers der Welt, aufgewachsen im Dunstkreis von Intellektualität, Künstler- und Abenteurertum, studierter und promovierte Biologe, Mitarbeiter des institut pasteur. Das sind nur die Kerndaten einer vergleichsweise kurzen Phase seiner Biografie. Sein Leben begann nach eigener Aussage erst danach: mit der Entdeckung des tibetischen Buddhismus. Zu dessen Kernaussage bahnt er uns in „Glück“ in klaren, einfachen Worten einen Weg: An welchem Ort der Welt Sie auch immer ihr Glück suchen: Sie suchen vergebens. Das Glück, es liegt ganz nah – in uns – und nur da.